ACHTUNG: Dieser Kurzbericht oder eher gesagt diese Fotostrecke ist nicht ganz ernst zu nehmen und lediglich die Folge einer Phase der guten Laune.
Ich widme sie meinem wundervollen Herrn Papa, da er mich schon des Oefteren nach Schnappschuessen von ghanaischen Kreaturen, auf die ich hier so treffe, fragte.
Wie kommt er nun zu einer solchen Frage moege einem Unwissenden in den Sinn kommen. Die Antwort ist ganz einfach: in den letzten Wochen vor meiner Abreise entdeckte ich naemlich meine grosse Leidenschaft - das Fotografieren von Insekten. Meinen Papa liess ich daran voller Euphorie teilhaben, ob er wollte oder nicht. Ausserdem kennen einige unter Euch vielleicht meine Liebe zu den kleinen achtbeinigen Lebewesen unter uns. Papa hat es sichtlich genossen bereits Monate vor dem Beginn meines Abenteuers immer wieder das Geruecht zu betonen, dass es in Ghana anscheinend handtellergrosse Spinnen gaebe. Ich muss Euch leider (?) enttaeuschen: das Geruecht ist immer groesser als die Wahrheit (in diesem Fall auch bildlich gesehen - koennte als Wortwitz durchgehen, oder?!).
Macht es Euch gemuetlich, lehnt Euch zurueck, atmet ein letztes mal tief durch und lasst Euch ein auf die Welt der Tiere..
Ich dachte mir wir beginnen einfach mal mit den schoensten meiner Lieblingstiere, meinen absoluten Favoriten. Danke an Euch, dass ihr mich auch ja nicht alleine schlafen lasst. Hab ich schonmal erwaehnt wie gluecklich ich bin mein Mueckennetz zu besitzen?
Weiter geht es mit unseren sechsbeinigen Freunden, den Insekten.
Zu eurer linken seht ihr einen Massenmord. Es gibt hier naemlich so ein schoenes Spruehmittel, welches mich stetig beim Kampf gegen jegliche Insekten unterstuetzt.
Das ist doch mal eine schoene Kreatur, nicht wahr?
Nun hab ich die Ehre Euch diese netten Wesen vorzustellen. Sie laufen hier ueberueberall herum. Ob draussen vor der Tuer..
..oder im Zimmer, stoert sie wenig.
Diese farbenfrohen Genossen sind so unfassbar nervig. Sie amuesieren sich naemlich dadurch zu jeder Uhrzeit gegen meine Fensterscheiben zu klopfen.
Aber ich moechte Euch ja nicht vorenthalten,dass hier auch niedliche Lebewesen hausen. Ich wohne mit sieben Katzen plus diesen drei Neulingen zusammen. Und auch die circa zwanzig Huehner geben sich gerade viel Muehe bei der Vermehrung, sodass momentan drei Huehnermamis begleitet von ihren Kuecken ueber das Grundstueck spazieren.
Und zu guter letzt: ein totes Zebra!
Samstag, 29. November 2014
Land der 1000 Feste
Fuer alle die, die meinen ausgepraegten Sinn fuer Humor nicht allzu sehr teilen, gibt es nun noch einen weiteren Bericht, der sich mit verschiedenen Feierlichkeiten befasst, an denen ich bereits teilnehmen durfte. Auch diejenigen unter Euch, die ueber die Insekten ein wenig oder auch ein wenig mehr schmunzelten sind an dieser Stelle herzlich eingeladen weiterzulesen.
Direkt am zweiten Wochenende nach meiner Ankunft hier in Ghana, hatte ich das grosse Vergnuegen und Glueck an einer typisch ghanaischen Beerdigung teilnehmen zu duerfen. Beerdigungsfeste sind in Ghana eine Art Volkssport und es ist demnach keine Seltenheit an Wochenenden aus der Ferne Beerdigungsmusik zu vernehmen oder Menschen in Trauergewaendern zu begegnen. Je nach Verwandtschaftsgrad sind diese tiefrot, ockerfarbig oder schwarz.
Aufgrund der weitlaeufigen Verwandschaftsverhaeltnisse hat jeder Erwachsene immer wieder Gelegenheit einer Beerdigungsfeier beizuwohnen oder selbst eine zu organisieren.
In meinem Fall handelte es sich hierbei um ein Doppelbegraebnis von James aelterem Bruder und von seiner Oma. Eingeladen wurden die zahlreichen Gaeste durch diese geschmackvoll gestaltete Karte:
Wie ihr hier seht ist das Programm einer Beerdigung sehr abwechslungsreich und nimmt ein ganzes Wochenende in Anspruch. Samstagmorgens versammelt man sich einem schoenen Gebaeude meist in der Heimat- oder Geburtsstadt der oder des Verstorbenen um ihnen oder ihm zu gedenken. Man hat die Moeglichkeit den aufgefrischten zurechtgemachten Leichnam ein letztes Mal zu sehen, um sich von dem Verstorbenen zu verabschieden. Dieser wird dann zum Friedhof transportiert, wo das Begraebnis stattfindet, an dem jedoch nur erstaunlich wenige Menschen teilnehmen.
Hiermit endet der wirklich traurige Teil der Beerdigung und es folgt eine 'Mittagspause'. Sie wird dazu genutzt sich auszuruhen und die Kleidung zu wechseln fuer den zweiten offiziellen Teil: die Beerdigungszeremonien. Hierbei kommen die Verwandten und verschiedenste Gaeste am Funeral Place (einer U-foermigen Anordnung aus Plastikstuehlen und Zeltueberdachungen) zusammen, um zu singen und zu tanzen. Begleitet wird dieser eher feierliche Teil von einer Musikgruppe, die einen mit Hilfe von Trommeln und Gesaengen auf Twi(der Sprache der Region des Landes in der ich lebe) wissen laesst, dass man sich in Ghana befindet. Betritt man den Funeral Place und somit die Veranstaltung darf man nach Ankuendigung durchs Mikrofon alle ersten Reihen der Stuhlreihen ablaufen, um den darauf sitzenden Menschen die Haende zu schuetteln. Jeder Gast ist eben herzlich willkommmen!
Tag zwei der Beerdigung, der Sonntag, ist der 'Thanksgiving-Tag' - der finanzielle Teil der Veranstaltung, koennte man meinen. Im Prinzip verlaeuft er genauso wie der Samstagnachmittag, bloss mit dem entscheidenden Unterschied, dass alle teilnehmenden Gaeste Geldgeschenke mitbringen, um die Familie des Verstorbenen finanziell zu unterstuetzen. Durchs Mikrofon wird den Spendern gedankt und damit auch ja keine Pausen auftreten, stuermen immer wieder Menschengruppen auf den Mittelplatz, um sich passend zu den Gesaengen zu bewegen - ob jung oder alt spielt keine Rolle.
Insgesamt ist eine Beerdigung meiner Beurteilung nach nun eher eine Feier der Zusammenkunft als ein Trauerfest.
(Hier seht ihr übrigens mein maßgeschneidertes Beerdigungskleid spendiert von Sir James und Madame Esthee).
Dadurch bedingt, dass wir durch James Mitveranstalter waren, hatten wir die Aufgabe allen Gaesten, die von ihm die Einladungskarte erhalten hatten, Essen und Trinken anzubieten. An dem besagten Wochenende hatte Madame Esthee also ihre Schwester und ihre Schwaegerin eingeladen, die auf ihre Kinder aufpassten und sie frueh morgens beim Kochen unterstuetzten. Es gab 'chicken and rice', das dann in Styroporessensboxen, wie man sie fuer Hamburger oder Pommes kennt, verpackt wurde. Eine befreundete Familie, die in James Geburtsort Atonsu lebt, hatte ihm angeboten den Innenhof ihres Hauses fuer das Wochenende in einen Essensbereich umzugestalten. Da das Haus jedoch ein paar Minuetchen von dem Funeral Place entfernt lag, war es meine Aufgabe die angereisten Beerdigungsgaeste von einem Ort zum anderen zu fuehren und zu begleiten. Eine prima Gelegenheit fuer mich verschiedenste ghanaische Menschen kennen zu lernen. An dieser Stelle moechte ich erneut betonen, dass die Beerdigung zwei Wochen nach meiner Ankunft stattfand und diese ganze Situation fuer mich den Neuankoemmling, den Obruni, einerseits eine Eindrucksvielfalt darbot und andererseits auch eine grosse Herausforderung darstellte.
Aber im Grunde genommen war das Wochenende eine einmalige Erfahrung. Oder hatte von Euch schon jemand die Moeglickeit an einer afrikanischen Beerdigung teilzunehmen beziehungsweise sogar Mitveranstalter zu sein?!
Ein weiteres Fest an dem ich kurz teilnehmen durfte war eine Feier anlaesslich des neuen Chiefs, der nun ueber Kona 'regiert' (Kona ist die Kleinstadt zu der auch das Grundstueck zaehlt auf dem ich lebe). Mit dieser Feier hiessen die Einwohner der Stadt ihren Chief, der nun vorraussichtlich bis an sein Lebensende amtiert, herzlich willkommen. Ich durfte an einem Umzug teilhaben,bei dem er von starken Ghanaern auf einer Saenfte und unter Schirmen zum Festplatz getragen wurde. Die Menschenmassen jubelten ihm zu und versuchten diesen besonderen Anlass fotografisch festzuhalten.
Beeindruckend fuer mich waren die farbenfrohen Gewaender, die stolzen Einwohner, das Treffen auf weitere wichtige Persoenlichkeiten von Kona und den umliegenden Staedten, die unter gesonderten Sonnenschirmen thronten, und die allgemeine Feierstimmung.
Aufgrund einer Eltern-Lehrer-Versammlung konnten Sir James und ich jedoch nicht lange an dem Fest teilhaben. Wie James mir spaeter berichtete, hatte der neue Chief sich sogar nach uns erkundigt und war enttaeuscht, dass wir ihm nicht persoenlich gratulieren konnten. Vielleicht erinnert ihr Euch noch aus dem ersten Bericht daran, dass ich ihm bereits in seinem Luxushaus vorgestellt wurde, als ich Sir James zu einer seiner 'Meetings' begleitete?
Nunja, Zeit um einige eindrucksvolle Bilder zu schiessen gab es jedoch genug:
Anlaesslich des 50. Geburtstags meiner Mama und Omis Feier ihres siebzigsten Geburtstags am heutigen Tage, folgen nun noch ein paar Geburtstagseindruecke aus Ghana.
HERZLICHEN GLUECKWUNSCH, Mama! Ich hab DICH lieb!
So das wars dann erstmal von mir aus Ghana, ihr Lieben! Ich wuensche Euch allen eine besinnliche, entspannte und schoene Adventszeit. Meine lieben Freundinnen haben mir ein Paket geschickt, welches aus kleinen Geschenken besteht, die mit den Nummern 1-24 versehen wurden - ein Adventskalendar! Ist das nicht lieb? Jetzt kommt bei mir sogar Weihnachtsstimmung auf - DANKE nochmal nebenbei.
Ich hoffe es geht Euch allen gut daoben im kalten Deutschland, liebe Leser!
Sonnige Gruesse sendet Luca
Direkt am zweiten Wochenende nach meiner Ankunft hier in Ghana, hatte ich das grosse Vergnuegen und Glueck an einer typisch ghanaischen Beerdigung teilnehmen zu duerfen. Beerdigungsfeste sind in Ghana eine Art Volkssport und es ist demnach keine Seltenheit an Wochenenden aus der Ferne Beerdigungsmusik zu vernehmen oder Menschen in Trauergewaendern zu begegnen. Je nach Verwandtschaftsgrad sind diese tiefrot, ockerfarbig oder schwarz.
Aufgrund der weitlaeufigen Verwandschaftsverhaeltnisse hat jeder Erwachsene immer wieder Gelegenheit einer Beerdigungsfeier beizuwohnen oder selbst eine zu organisieren.
In meinem Fall handelte es sich hierbei um ein Doppelbegraebnis von James aelterem Bruder und von seiner Oma. Eingeladen wurden die zahlreichen Gaeste durch diese geschmackvoll gestaltete Karte:
Wie ihr hier seht ist das Programm einer Beerdigung sehr abwechslungsreich und nimmt ein ganzes Wochenende in Anspruch. Samstagmorgens versammelt man sich einem schoenen Gebaeude meist in der Heimat- oder Geburtsstadt der oder des Verstorbenen um ihnen oder ihm zu gedenken. Man hat die Moeglichkeit den aufgefrischten zurechtgemachten Leichnam ein letztes Mal zu sehen, um sich von dem Verstorbenen zu verabschieden. Dieser wird dann zum Friedhof transportiert, wo das Begraebnis stattfindet, an dem jedoch nur erstaunlich wenige Menschen teilnehmen.
Hiermit endet der wirklich traurige Teil der Beerdigung und es folgt eine 'Mittagspause'. Sie wird dazu genutzt sich auszuruhen und die Kleidung zu wechseln fuer den zweiten offiziellen Teil: die Beerdigungszeremonien. Hierbei kommen die Verwandten und verschiedenste Gaeste am Funeral Place (einer U-foermigen Anordnung aus Plastikstuehlen und Zeltueberdachungen) zusammen, um zu singen und zu tanzen. Begleitet wird dieser eher feierliche Teil von einer Musikgruppe, die einen mit Hilfe von Trommeln und Gesaengen auf Twi(der Sprache der Region des Landes in der ich lebe) wissen laesst, dass man sich in Ghana befindet. Betritt man den Funeral Place und somit die Veranstaltung darf man nach Ankuendigung durchs Mikrofon alle ersten Reihen der Stuhlreihen ablaufen, um den darauf sitzenden Menschen die Haende zu schuetteln. Jeder Gast ist eben herzlich willkommmen!
Tag zwei der Beerdigung, der Sonntag, ist der 'Thanksgiving-Tag' - der finanzielle Teil der Veranstaltung, koennte man meinen. Im Prinzip verlaeuft er genauso wie der Samstagnachmittag, bloss mit dem entscheidenden Unterschied, dass alle teilnehmenden Gaeste Geldgeschenke mitbringen, um die Familie des Verstorbenen finanziell zu unterstuetzen. Durchs Mikrofon wird den Spendern gedankt und damit auch ja keine Pausen auftreten, stuermen immer wieder Menschengruppen auf den Mittelplatz, um sich passend zu den Gesaengen zu bewegen - ob jung oder alt spielt keine Rolle.
Insgesamt ist eine Beerdigung meiner Beurteilung nach nun eher eine Feier der Zusammenkunft als ein Trauerfest.
(Hier seht ihr übrigens mein maßgeschneidertes Beerdigungskleid spendiert von Sir James und Madame Esthee).
Dadurch bedingt, dass wir durch James Mitveranstalter waren, hatten wir die Aufgabe allen Gaesten, die von ihm die Einladungskarte erhalten hatten, Essen und Trinken anzubieten. An dem besagten Wochenende hatte Madame Esthee also ihre Schwester und ihre Schwaegerin eingeladen, die auf ihre Kinder aufpassten und sie frueh morgens beim Kochen unterstuetzten. Es gab 'chicken and rice', das dann in Styroporessensboxen, wie man sie fuer Hamburger oder Pommes kennt, verpackt wurde. Eine befreundete Familie, die in James Geburtsort Atonsu lebt, hatte ihm angeboten den Innenhof ihres Hauses fuer das Wochenende in einen Essensbereich umzugestalten. Da das Haus jedoch ein paar Minuetchen von dem Funeral Place entfernt lag, war es meine Aufgabe die angereisten Beerdigungsgaeste von einem Ort zum anderen zu fuehren und zu begleiten. Eine prima Gelegenheit fuer mich verschiedenste ghanaische Menschen kennen zu lernen. An dieser Stelle moechte ich erneut betonen, dass die Beerdigung zwei Wochen nach meiner Ankunft stattfand und diese ganze Situation fuer mich den Neuankoemmling, den Obruni, einerseits eine Eindrucksvielfalt darbot und andererseits auch eine grosse Herausforderung darstellte.
Aber im Grunde genommen war das Wochenende eine einmalige Erfahrung. Oder hatte von Euch schon jemand die Moeglickeit an einer afrikanischen Beerdigung teilzunehmen beziehungsweise sogar Mitveranstalter zu sein?!
Ein weiteres Fest an dem ich kurz teilnehmen durfte war eine Feier anlaesslich des neuen Chiefs, der nun ueber Kona 'regiert' (Kona ist die Kleinstadt zu der auch das Grundstueck zaehlt auf dem ich lebe). Mit dieser Feier hiessen die Einwohner der Stadt ihren Chief, der nun vorraussichtlich bis an sein Lebensende amtiert, herzlich willkommen. Ich durfte an einem Umzug teilhaben,bei dem er von starken Ghanaern auf einer Saenfte und unter Schirmen zum Festplatz getragen wurde. Die Menschenmassen jubelten ihm zu und versuchten diesen besonderen Anlass fotografisch festzuhalten.
Beeindruckend fuer mich waren die farbenfrohen Gewaender, die stolzen Einwohner, das Treffen auf weitere wichtige Persoenlichkeiten von Kona und den umliegenden Staedten, die unter gesonderten Sonnenschirmen thronten, und die allgemeine Feierstimmung.
Aufgrund einer Eltern-Lehrer-Versammlung konnten Sir James und ich jedoch nicht lange an dem Fest teilhaben. Wie James mir spaeter berichtete, hatte der neue Chief sich sogar nach uns erkundigt und war enttaeuscht, dass wir ihm nicht persoenlich gratulieren konnten. Vielleicht erinnert ihr Euch noch aus dem ersten Bericht daran, dass ich ihm bereits in seinem Luxushaus vorgestellt wurde, als ich Sir James zu einer seiner 'Meetings' begleitete?
Nunja, Zeit um einige eindrucksvolle Bilder zu schiessen gab es jedoch genug:
Anlaesslich des 50. Geburtstags meiner Mama und Omis Feier ihres siebzigsten Geburtstags am heutigen Tage, folgen nun noch ein paar Geburtstagseindruecke aus Ghana.
HERZLICHEN GLUECKWUNSCH, Mama! Ich hab DICH lieb!
So das wars dann erstmal von mir aus Ghana, ihr Lieben! Ich wuensche Euch allen eine besinnliche, entspannte und schoene Adventszeit. Meine lieben Freundinnen haben mir ein Paket geschickt, welches aus kleinen Geschenken besteht, die mit den Nummern 1-24 versehen wurden - ein Adventskalendar! Ist das nicht lieb? Jetzt kommt bei mir sogar Weihnachtsstimmung auf - DANKE nochmal nebenbei.
Ich hoffe es geht Euch allen gut daoben im kalten Deutschland, liebe Leser!
Sonnige Gruesse sendet Luca
Samstag, 1. November 2014
Aller (Schul-)anfang ist..
Hallo ihr Lieben,
wie schnell doch die Zeit vergeht..wie im Flug.
Seit meinem letzten Bericht hat sich einiges veraendert. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei sogar um den alltaeglichen Tagesablauf: die Schule hat begonnen. Die juengeren Leser unter Euch kennen diesen Umschwung wohl ziemlich genau. Das Ausschlafen in den Ferien, die Stresslosigkeit, die Ruhe, die Zeit, die Freiheit - all das, was man waehrend der Schulphase seltenst erlebt. Und ich denke auch die Mamis schaetzen den Unterschied sehr - nur ist es bei Ihnen wohl andersherum. Die Stresslosigkeit, die Ruhe, die Zeit, die Freiheit - all das was man waehrend der Schulferien der Kinder seltenst erlebt.
Nunja, hier in Ghana ist das alles ein bisschen anders. Das koennte daran liegen, dass es hier keinen ploetzlichen Umschwung von Ferien zur Schulphase gibt. Es ist nicht so wie in Deutschland, dass man von einem auf den anderen Tag, quasi ueber Nacht, einen kompletten Wandel des Tagesrythmus erlebt. Nene, die Ghanaer lassen alles ein bisschen langsamer angehen. So kam es also dazu, dass am Tag des Schulbeginnes, am 9. September, circa 100 Schueler und 3 Lehrer erschienen. An dieser Stelle liesse sich erwaehnen, dass im Regelfall 250 Schueler und 10 Lehrer die ”Kids-of-Light-School” besuchen. Der Grund oder besser die Ausreden fuer diese Abwesenheit war, dass in Ghana die ersten Tage im neuen Term genutzt werden, um die Schule zu saeubern und alles auszuraeumen. Einige Eltern zaehlen das allerdings nicht zum Aufgabenbereich ihrer Kinder, weshalb sie diese dann lieber zuhause davor bewahren. Im Nachhinein muss ich sagen, dass dieses ”Putzen” eine tolle Gemeinschaftsaktion war und die Kinder echt Spass daran hatten. Ob die Eltern der nicht anwesenden Kinder ihre Schuetzlinge wohl ihr Leben lang vor solchen Aufgaben retten moechten?
Oftmals hoerte man auch Ausreden wie ”Ach wir hatten das Datum ganz vergessen..”, ”Zum Zeitpunkt des Schulbeginns waren wir noch verreist” oder ”Ich war auf einmal ganz krank und musste ins Krankenhaus”..All das nachdem James und ich zuvor, am Ende der Ferien, extra von Haus zu Haus liefen, um Briefe zu verteilen. Briefe, die einerseits die ELtern ueber die Schulgebuehren aufklaeren sollten und sie andererseits an das Datum des Schulbeginns erinnern sollten. Erinnert ihr Euch? Nunja, im Grunde genommen war all diese Arbeit umsonst, denn sie erinnerten sich nicht nur nicht an das Datum des Schulbeginns. Auch die Tatsache, dass man Schulgebuehren fuer Buecher, Transport und Essen zahlen muss schien Ihnen voellig fremd zu sein. Jetzt sieben Wochen nach Schulbeginn haben noch lange nicht die Haelfte aller Eltern die Gebuehren gezahlt. Dennoch erwarten sie, dass ihre Kinder morgens vom Schulbus abgeholt werden, in einem vollstaendig gebildeten Schulgebaeude sitzen, Schulbuecher und Schulhefte haben, von Lehrern unterrichtet werden, mittags Kantinenessen bekommen und dann nachmittags vom Schulbus wieder nach Hause kutschiert werden. Doch wer soll das alles bezahlen? Geld ist hier sowieso ein grosses Thema: Die Loehne sind zu niedrig, alle Waren ueberteuert und Arbeiten ist harte Anstrengung. Aber ist das in Deutschland anders? Geld regiert wohl die Welt..
Um zu meinem Schulalltag zurueckzukommen. Was sind meine Aufgaben? Im Prinzip aehneln sie nicht einmal annaehernd dem, was ich erwartet hatte und was ihr in der Beschreibung zu meinem Projekt findet. Das Unterrichten fehlt. James klaerte mich vor Schulbeginn darueber auf, welche Aufgaben er fuer mich angedacht hatte: ich sollte jeden morgen vor der Schulversammlung eine Sportstunde mit den Klassen 1-4 machen. (Wir haben hier die Klassen Nursery 1, Nursery 2, Kindergarten 1, Kindergarten 2 und Basic School 1-4 - nur so nebenbei). Der Schwerpunkt meiner Sportstunden sollte Yoga sein mit der Intention, dass Yoga in Zukunft ein fester Bestandteil des Tagesrythmus der Kinder sein wird. James selber kennt zwar keine Yogauebung, findet das Konzept dahinter allerdings beeindruckend.
Zudem sollte ich eine Art AG gruenden mit dem Namen ”How to read”. In dieser AG sollten die Kinder auf spielerische oder auch schauspielerische Art und Weise das richtige Betonen, die richtige Aussprache, quasi Lesen lernen - wie der Titel ja schon sagt.
Sowohl die Sportstunden, als auch die LeseAG hat bisher noch nicht einmal stattgefunden. Wie gesagt, in Ghana dauert alles halt etwas laenger.
Aber ich sitzte hier dennoch nicht nur in meinem Zimmer rum und langweile mich. Es gibt genug zu tun. Morgens nach dem Aufstehen werden die Wasserspender und Tassen aus den einzelnen Klassen eingesammelt und gewaschen, sodass die Lehrer sie spaeter fuellen koennen und die Kinder tagsueber genug trinken. Das Gehirn schwimmt schliesslich in Wasser, ne Mama?!
In den Pausen verkaufe ich dann Kekse, Stifte, selbstgemachtes Popcorn (oder Cockporn, wie die Kinder hier zu sagen pflegen), Trinkpacks, Lineale, Anspitzer und Radiergummis. Die Nachfrage an Nahrungsmitteln ist allerdings erheblich groesser als die an Schulutensilien. Wer braucht schon Stifte, wenn man Kekse haben kann?
Zwischen den Pausen steht dann Arbeit an, die eher weniger viel mit Kindern zu tun hat, sich aber dennoch um sie dreht. Ich darf Eltern die kommen erklaeren wie viel sie fuer ihr Kind zu zahlen haben, das Geld oder Teile der Summe kassieren und dann Quittungen ausstellen.
Wenn gerade keine Eltern da sind, schlage ich mich mit den Schulbuechern rum. Eines Abends beschloss James um sieben Uhr nach Kumasi zu fahren, um die erste Haelfte der Schulbuecher zu kaufen. Der ganze Prozess der Hinfahrt, des Buecherzusammensuchens, Rechnungerstellens und der Rueckfahrt, nachdem dann endlich ein Taxi fuer den Transport gefunden war, dauerte knapp fuenfeinhalb Stunden. Am naechsten Morgen war ich hundemuede und erschoepft vom Kisten schleppen. Aber wir hatten Teil 1 der Buecher. Nun war es meine Aufgabe die Anzahl der ”gelieferten” Buecher mit der der Rechnung zu vergleichen und die Rechnung nach sonstigen Fehlern zu ueberpruefen. Am Ende hatten wir 100 Cedi zu viel bezahlt und circa 30 Buecher zu wenig. Da Sir James nach dem Buecherkauf fuer eine einwoechige Fortbildung nach Accra reiste, durfte ich zu dem Buecherladen fahren, um alles richtig zu stellen und die fehlenden Buecher einzusammeln.
Dann starteten Madame Esthee und ich damit die Buecher zu verteilen, was garnicht so einfach war. Wir mussten uns aus verschiedensten Listen zusammensuchen welche Kinder fuer die Buecher bezahlt hatten und welche nicht. Liste eins: Sir James nach Klassen sortierte Liste, Liste zwei: Sir James zusammengewuerfelte Notizen, Liste drei: Madame Esthees zusammengewurfelte Notizen und zu guter Letzt, Liste vier: Lucas nicht nach Klassen sortierte Liste. Ich denke man brauch sich nicht darueber wundern, dass wir des Oefteren Saetze hoerten wie ”Aber mein Papi hat doch vorgestern bezahlt” und dass im Grunde genommen alles sehr chaotisch und unstrukturiert verlief.
Nachdem Sir James von seiner Accra-Fortbildung wieder kam, hatte ich das grosse Vergnuegen ihn ein weiteres Mal zu begleiten - zu meinem geliebten Buchladen. Er ueberliess mir von vorneherein das Wort. ich leitete die zwei Angestellten im Buchladen an und ueberpruefte vor ihren Augen, ob sie sich auch ja nicht verzaehlten und nach nur zwei Stunden war Teil 2 der Buecher bereitgelegt. Er musste nur noch in Kisten transportfaehig verpackt werden und die zweite lange Rechnung musste ausgestellt werden. Waehrend die Buchladenmenschen diese Aufgabe erledigten, machten Sir James und ich uns auf die Suche nach Essen und wurden fuendig. Als wir nun zurueckkamen zum Buchladen war alles verpackt worden. Wer haette das gedacht? Die Rechnung wurde uebergeben, ein Taxi gefunden, wir strebten den Heimweg an und erreichten erfolgreich unser Ziel. Dieses Mal zwar eher als bei unserer ersten naechtlichen Reise, aber muede waren wir trotzdem, sodass wir direkt schlafen gingen. Am naechsten Tag hatte ich erneut die ehrenvolle Aufgabe unsere Ware zu ueberpruefen. Zu meinem und Sir James und unser aller Entsetzen durfte ich feststellen, dass uns eine ganze Kiste mit Buechern fehlte. Und ich hatte faelschlicherweise schon gedacht das Thema Buecher sei erledigt gewesen. Wir statteten unseren Freunden im Buchladen schliesslich einen vierten - vorraussichtlich letzten- Besuch ab und Sir James beschloss in Zukunft einen Buecherlieferanten zu engagieren - zu Recht, wie ich finde.
Mittlerweile liegen also ordentlich gestapelte Tuerme aus saemtlichen Schulbuechern in meinem Zimmerchen und warten darauf, dass sie an Schueler verteilt werden dessen Eltern die Gebuehren gezahlt haben. Ich bin echt gespannt an welchem Tag das letzte Buch seinen Besitzer gefunden hat und mein Zimmer verlaesst. Ich werde es Euch wissen lassen!
Mit dem Thema Schule verbindet man ja normalerweise Unterrichten und wie ich ja bereits erwaehnte, gehoert das nicht so wirklich zu meinem Aufgabenbereich. Ich korrigiere: nicht mehr. Ich moechte Euch schliesslich nicht vorenthalten, dass ich mein Glueck bereits versuchte - aber leider ohne Erfolg. Wegen des erheblichen Lehrermangels am Anfang des Terms meinte Sir James in der zweiten Woche: ”Luca, kannst Du mal bitte eben auf Klasse 2 aufpassen?” Ich definierte diesen Satz folgendermassen: ”Luca, geh bitte kurz in Klasse 2, versuche die Schueler dort ruhig zu stellen und beschaeftige sie auf irgendeine Art und Weise. Dann kannst Du wieder gehen.” Sir James Definition war etwas anders: ”Liebe Luca, solange ich noch keinen Lehrer fuer die Klasse gefunden habe, moechte ich, dass Du mit ihnen lernst. Allerdings sage ich Dir einfach jeden morgen fuenf Minuten vor Unterrichtsbeginn, dass Du Deinen Tag erneut mit ihnen verbringen darfst, damit Du auch ja keine Zeit fuer irgendwelche Vorbereitungen hast. ”
So stand ich also vier Tage lang vor einer Klasse mit 35 Schuelern ohne irgendwelche Materalien oder einer Ahnung davon, was man in Ghana in der zweiten Klasse lernt oder gar davon wie man hier am anderen Ende der Welt unterrichtet. Ich hatte schnell herausgefunden, dass die Kinder die Unterrichtseinheit ”Storytelling” liebten. Allerdings wunderte es mich auch nicht, dass nach der zehnten Geschichte Unruhe aufkam - vielleicht auch, weil ein Maedchen zum dritten Mal ihre Geschichte ”Baby, don`t cry” vortrug und jedes Mal bloss den Namen des Babys aenderte.
Ich versuchte die Klasse durch Englisch- und Matheuebungen ruhig zu stellen, was auch bestens funktionierte. Sobald die spontanausgedachten Aufgaben jedoch erledigt waren, begannen die Kinder erneut rumzuschreien. Da ich, im Gegensatz zu all den anderen Lehrern hier, keine Kinder schlagen werde, blieb mir lediglich die Moeglichkeit gegen den Laerm anzuschreien und Stoerenfriede umzusetzen. Am Ende von Tag vier hatte ich keine Motivation, Energie und Stimme mehr und bat Sir James um Erbarmen. Ich erklaerte ihm, dass ich lediglich ein gerade erst 18-jaehriges Maedchen mit wenig Unterrichtserfahrung sei und dass es mir schwer fiel die Klasse zu baendigen, da sie es nunmal gewohnt waren zur Strafe geschlagen zu werden, ich das aber keinesfalls machen wuerde. Er verstand mich sofort.
Am Anfang der naechsten Woche gab es dann auf einmal einen neuen Lehrer fuer Klasse 2 - schneller als gedacht. Gebracht haben die paar Tage mir trotzdem, dass ich nun einige Namen kenne, immer irgendjemand meinen Namen ruft und mir zuwinkt, wenn ich an der Klasse vorbeigehe und dass die Schueler besonders gerne in den Pausen zum Keksekaufen kommen.
Momentan gebe ich jeden Freitag, wenn ich Zeit habe, Sportunterricht. Mal der zweiten Klasse, mal der Dritten oder der Vierten. Das macht echt Spass, da die Schueler hochmotiviert sind und einen ausgepraegten Kampfgeist haben. In der letzten Stunde habe ich versucht Klasse 3 und 4 den Staffellauf beizubringen. Es hat etliche Versuche gedauert bis sie es verstanden hatten, dass immer nur einer aus dem Team laeuft und nicht alle gleichzeitig das Feld kreuzen. Dank der Trillerpfeife, die Sir James mir zuvor gekauft hat, war es allerdings garnicht allzu schwierig zu Wort zu kommen. Nach einigen Erklaerungsversuchen und Wiederholungen gab es dann auch endlich ein Gewinnerteam und viele jubelnde Kinder mit lachenden Gesichtern.
Jeden Nachmittag, nachdem alle Kinder im Bus sitzen oder bereits zuhause sind, helfe ich Sanctuary zwei Stunden lang(!) mit seinen Hausaufgaben und gebe ihm Nachhilfeunterricht in Englisch oder was sonst so ansteht. Der Schwerpunkt liegt auf Uebungen zur Aussprache, zum Buchstabieren und zum Schreiben. Abends besuche ich dann immer meine liebe Gastfamilie in ihren vier Waenden und helfe Suzzy (der Zweitjuengsten)dabei das ABC und Zahlen schreiben zu lernen oder Lavenda (der Zweitaeltesten) beim Rechnen.
So ganz bleibt das Unterrichten also garnicht aus, wenn man das mal so betrachtet hihi.
In der letzten Woche bekam ich dann einen grossen Eindruck von Madame Esthees Arbeit. Da die Mama der ”Kuechenhilfe” Madame Hanna gestorben war, blieb sie eine Woche lang zuhause und Madame Esthee bat mich um Hilfe in der Kueche. Ich half beim Kochen von Reis - es gibt hier jeden Tag Reis in verschiedensten Variationen, da es das einzige Essen ist, was alle Kinder moegen und alleine essen koennen. Ausserdem durfte ich das Essen ausschenken und dann beim Spuelen von 300 Schuesseln und Loeffeln und einigen Toepfen helfen - alles per Hand versteht sich. Die Woche hat aber echt viel Spass gemacht und ich wuerde jeder Zeit wieder ”JA” sagen, wenn Madame Esthee mich um Hilfe bittet.
So, ich komme dann mal zum Ende meines Berichtes, der schon wieder viel laenger als erwartet und geplant geworden ist. Als Fazit kann ich sagen, dass ich mich noch immer auf jeden Tag hier in der Schule und auf die Kinder freue, die wirklich super schnuckelig und bezaubernd sind. Das ist doch ein gutes Zeichen, nicht wahr?
Ich fuehle mich hier mehr als wohl und denke das habe ich hauptsaechlich meiner lieben Gastfamilie zu verdanken!
Charmante Gruesse im ersten original ghanaischen Kleid sendet Madame Luca
(so werde ich hier von allen Schulkindern genannt. Klingt spitze, nicht wahr? Ich finde, dass koennte ich bestens in Deutschland uebernehmen hihi)
wie schnell doch die Zeit vergeht..wie im Flug.
Seit meinem letzten Bericht hat sich einiges veraendert. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei sogar um den alltaeglichen Tagesablauf: die Schule hat begonnen. Die juengeren Leser unter Euch kennen diesen Umschwung wohl ziemlich genau. Das Ausschlafen in den Ferien, die Stresslosigkeit, die Ruhe, die Zeit, die Freiheit - all das, was man waehrend der Schulphase seltenst erlebt. Und ich denke auch die Mamis schaetzen den Unterschied sehr - nur ist es bei Ihnen wohl andersherum. Die Stresslosigkeit, die Ruhe, die Zeit, die Freiheit - all das was man waehrend der Schulferien der Kinder seltenst erlebt.
Nunja, hier in Ghana ist das alles ein bisschen anders. Das koennte daran liegen, dass es hier keinen ploetzlichen Umschwung von Ferien zur Schulphase gibt. Es ist nicht so wie in Deutschland, dass man von einem auf den anderen Tag, quasi ueber Nacht, einen kompletten Wandel des Tagesrythmus erlebt. Nene, die Ghanaer lassen alles ein bisschen langsamer angehen. So kam es also dazu, dass am Tag des Schulbeginnes, am 9. September, circa 100 Schueler und 3 Lehrer erschienen. An dieser Stelle liesse sich erwaehnen, dass im Regelfall 250 Schueler und 10 Lehrer die ”Kids-of-Light-School” besuchen. Der Grund oder besser die Ausreden fuer diese Abwesenheit war, dass in Ghana die ersten Tage im neuen Term genutzt werden, um die Schule zu saeubern und alles auszuraeumen. Einige Eltern zaehlen das allerdings nicht zum Aufgabenbereich ihrer Kinder, weshalb sie diese dann lieber zuhause davor bewahren. Im Nachhinein muss ich sagen, dass dieses ”Putzen” eine tolle Gemeinschaftsaktion war und die Kinder echt Spass daran hatten. Ob die Eltern der nicht anwesenden Kinder ihre Schuetzlinge wohl ihr Leben lang vor solchen Aufgaben retten moechten?
Oftmals hoerte man auch Ausreden wie ”Ach wir hatten das Datum ganz vergessen..”, ”Zum Zeitpunkt des Schulbeginns waren wir noch verreist” oder ”Ich war auf einmal ganz krank und musste ins Krankenhaus”..All das nachdem James und ich zuvor, am Ende der Ferien, extra von Haus zu Haus liefen, um Briefe zu verteilen. Briefe, die einerseits die ELtern ueber die Schulgebuehren aufklaeren sollten und sie andererseits an das Datum des Schulbeginns erinnern sollten. Erinnert ihr Euch? Nunja, im Grunde genommen war all diese Arbeit umsonst, denn sie erinnerten sich nicht nur nicht an das Datum des Schulbeginns. Auch die Tatsache, dass man Schulgebuehren fuer Buecher, Transport und Essen zahlen muss schien Ihnen voellig fremd zu sein. Jetzt sieben Wochen nach Schulbeginn haben noch lange nicht die Haelfte aller Eltern die Gebuehren gezahlt. Dennoch erwarten sie, dass ihre Kinder morgens vom Schulbus abgeholt werden, in einem vollstaendig gebildeten Schulgebaeude sitzen, Schulbuecher und Schulhefte haben, von Lehrern unterrichtet werden, mittags Kantinenessen bekommen und dann nachmittags vom Schulbus wieder nach Hause kutschiert werden. Doch wer soll das alles bezahlen? Geld ist hier sowieso ein grosses Thema: Die Loehne sind zu niedrig, alle Waren ueberteuert und Arbeiten ist harte Anstrengung. Aber ist das in Deutschland anders? Geld regiert wohl die Welt..
Um zu meinem Schulalltag zurueckzukommen. Was sind meine Aufgaben? Im Prinzip aehneln sie nicht einmal annaehernd dem, was ich erwartet hatte und was ihr in der Beschreibung zu meinem Projekt findet. Das Unterrichten fehlt. James klaerte mich vor Schulbeginn darueber auf, welche Aufgaben er fuer mich angedacht hatte: ich sollte jeden morgen vor der Schulversammlung eine Sportstunde mit den Klassen 1-4 machen. (Wir haben hier die Klassen Nursery 1, Nursery 2, Kindergarten 1, Kindergarten 2 und Basic School 1-4 - nur so nebenbei). Der Schwerpunkt meiner Sportstunden sollte Yoga sein mit der Intention, dass Yoga in Zukunft ein fester Bestandteil des Tagesrythmus der Kinder sein wird. James selber kennt zwar keine Yogauebung, findet das Konzept dahinter allerdings beeindruckend.
Zudem sollte ich eine Art AG gruenden mit dem Namen ”How to read”. In dieser AG sollten die Kinder auf spielerische oder auch schauspielerische Art und Weise das richtige Betonen, die richtige Aussprache, quasi Lesen lernen - wie der Titel ja schon sagt.
Sowohl die Sportstunden, als auch die LeseAG hat bisher noch nicht einmal stattgefunden. Wie gesagt, in Ghana dauert alles halt etwas laenger.
Aber ich sitzte hier dennoch nicht nur in meinem Zimmer rum und langweile mich. Es gibt genug zu tun. Morgens nach dem Aufstehen werden die Wasserspender und Tassen aus den einzelnen Klassen eingesammelt und gewaschen, sodass die Lehrer sie spaeter fuellen koennen und die Kinder tagsueber genug trinken. Das Gehirn schwimmt schliesslich in Wasser, ne Mama?!
In den Pausen verkaufe ich dann Kekse, Stifte, selbstgemachtes Popcorn (oder Cockporn, wie die Kinder hier zu sagen pflegen), Trinkpacks, Lineale, Anspitzer und Radiergummis. Die Nachfrage an Nahrungsmitteln ist allerdings erheblich groesser als die an Schulutensilien. Wer braucht schon Stifte, wenn man Kekse haben kann?
Zwischen den Pausen steht dann Arbeit an, die eher weniger viel mit Kindern zu tun hat, sich aber dennoch um sie dreht. Ich darf Eltern die kommen erklaeren wie viel sie fuer ihr Kind zu zahlen haben, das Geld oder Teile der Summe kassieren und dann Quittungen ausstellen.
Wenn gerade keine Eltern da sind, schlage ich mich mit den Schulbuechern rum. Eines Abends beschloss James um sieben Uhr nach Kumasi zu fahren, um die erste Haelfte der Schulbuecher zu kaufen. Der ganze Prozess der Hinfahrt, des Buecherzusammensuchens, Rechnungerstellens und der Rueckfahrt, nachdem dann endlich ein Taxi fuer den Transport gefunden war, dauerte knapp fuenfeinhalb Stunden. Am naechsten Morgen war ich hundemuede und erschoepft vom Kisten schleppen. Aber wir hatten Teil 1 der Buecher. Nun war es meine Aufgabe die Anzahl der ”gelieferten” Buecher mit der der Rechnung zu vergleichen und die Rechnung nach sonstigen Fehlern zu ueberpruefen. Am Ende hatten wir 100 Cedi zu viel bezahlt und circa 30 Buecher zu wenig. Da Sir James nach dem Buecherkauf fuer eine einwoechige Fortbildung nach Accra reiste, durfte ich zu dem Buecherladen fahren, um alles richtig zu stellen und die fehlenden Buecher einzusammeln.
Dann starteten Madame Esthee und ich damit die Buecher zu verteilen, was garnicht so einfach war. Wir mussten uns aus verschiedensten Listen zusammensuchen welche Kinder fuer die Buecher bezahlt hatten und welche nicht. Liste eins: Sir James nach Klassen sortierte Liste, Liste zwei: Sir James zusammengewuerfelte Notizen, Liste drei: Madame Esthees zusammengewurfelte Notizen und zu guter Letzt, Liste vier: Lucas nicht nach Klassen sortierte Liste. Ich denke man brauch sich nicht darueber wundern, dass wir des Oefteren Saetze hoerten wie ”Aber mein Papi hat doch vorgestern bezahlt” und dass im Grunde genommen alles sehr chaotisch und unstrukturiert verlief.
Nachdem Sir James von seiner Accra-Fortbildung wieder kam, hatte ich das grosse Vergnuegen ihn ein weiteres Mal zu begleiten - zu meinem geliebten Buchladen. Er ueberliess mir von vorneherein das Wort. ich leitete die zwei Angestellten im Buchladen an und ueberpruefte vor ihren Augen, ob sie sich auch ja nicht verzaehlten und nach nur zwei Stunden war Teil 2 der Buecher bereitgelegt. Er musste nur noch in Kisten transportfaehig verpackt werden und die zweite lange Rechnung musste ausgestellt werden. Waehrend die Buchladenmenschen diese Aufgabe erledigten, machten Sir James und ich uns auf die Suche nach Essen und wurden fuendig. Als wir nun zurueckkamen zum Buchladen war alles verpackt worden. Wer haette das gedacht? Die Rechnung wurde uebergeben, ein Taxi gefunden, wir strebten den Heimweg an und erreichten erfolgreich unser Ziel. Dieses Mal zwar eher als bei unserer ersten naechtlichen Reise, aber muede waren wir trotzdem, sodass wir direkt schlafen gingen. Am naechsten Tag hatte ich erneut die ehrenvolle Aufgabe unsere Ware zu ueberpruefen. Zu meinem und Sir James und unser aller Entsetzen durfte ich feststellen, dass uns eine ganze Kiste mit Buechern fehlte. Und ich hatte faelschlicherweise schon gedacht das Thema Buecher sei erledigt gewesen. Wir statteten unseren Freunden im Buchladen schliesslich einen vierten - vorraussichtlich letzten- Besuch ab und Sir James beschloss in Zukunft einen Buecherlieferanten zu engagieren - zu Recht, wie ich finde.
Mittlerweile liegen also ordentlich gestapelte Tuerme aus saemtlichen Schulbuechern in meinem Zimmerchen und warten darauf, dass sie an Schueler verteilt werden dessen Eltern die Gebuehren gezahlt haben. Ich bin echt gespannt an welchem Tag das letzte Buch seinen Besitzer gefunden hat und mein Zimmer verlaesst. Ich werde es Euch wissen lassen!
Mit dem Thema Schule verbindet man ja normalerweise Unterrichten und wie ich ja bereits erwaehnte, gehoert das nicht so wirklich zu meinem Aufgabenbereich. Ich korrigiere: nicht mehr. Ich moechte Euch schliesslich nicht vorenthalten, dass ich mein Glueck bereits versuchte - aber leider ohne Erfolg. Wegen des erheblichen Lehrermangels am Anfang des Terms meinte Sir James in der zweiten Woche: ”Luca, kannst Du mal bitte eben auf Klasse 2 aufpassen?” Ich definierte diesen Satz folgendermassen: ”Luca, geh bitte kurz in Klasse 2, versuche die Schueler dort ruhig zu stellen und beschaeftige sie auf irgendeine Art und Weise. Dann kannst Du wieder gehen.” Sir James Definition war etwas anders: ”Liebe Luca, solange ich noch keinen Lehrer fuer die Klasse gefunden habe, moechte ich, dass Du mit ihnen lernst. Allerdings sage ich Dir einfach jeden morgen fuenf Minuten vor Unterrichtsbeginn, dass Du Deinen Tag erneut mit ihnen verbringen darfst, damit Du auch ja keine Zeit fuer irgendwelche Vorbereitungen hast. ”
So stand ich also vier Tage lang vor einer Klasse mit 35 Schuelern ohne irgendwelche Materalien oder einer Ahnung davon, was man in Ghana in der zweiten Klasse lernt oder gar davon wie man hier am anderen Ende der Welt unterrichtet. Ich hatte schnell herausgefunden, dass die Kinder die Unterrichtseinheit ”Storytelling” liebten. Allerdings wunderte es mich auch nicht, dass nach der zehnten Geschichte Unruhe aufkam - vielleicht auch, weil ein Maedchen zum dritten Mal ihre Geschichte ”Baby, don`t cry” vortrug und jedes Mal bloss den Namen des Babys aenderte.
Ich versuchte die Klasse durch Englisch- und Matheuebungen ruhig zu stellen, was auch bestens funktionierte. Sobald die spontanausgedachten Aufgaben jedoch erledigt waren, begannen die Kinder erneut rumzuschreien. Da ich, im Gegensatz zu all den anderen Lehrern hier, keine Kinder schlagen werde, blieb mir lediglich die Moeglichkeit gegen den Laerm anzuschreien und Stoerenfriede umzusetzen. Am Ende von Tag vier hatte ich keine Motivation, Energie und Stimme mehr und bat Sir James um Erbarmen. Ich erklaerte ihm, dass ich lediglich ein gerade erst 18-jaehriges Maedchen mit wenig Unterrichtserfahrung sei und dass es mir schwer fiel die Klasse zu baendigen, da sie es nunmal gewohnt waren zur Strafe geschlagen zu werden, ich das aber keinesfalls machen wuerde. Er verstand mich sofort.
Am Anfang der naechsten Woche gab es dann auf einmal einen neuen Lehrer fuer Klasse 2 - schneller als gedacht. Gebracht haben die paar Tage mir trotzdem, dass ich nun einige Namen kenne, immer irgendjemand meinen Namen ruft und mir zuwinkt, wenn ich an der Klasse vorbeigehe und dass die Schueler besonders gerne in den Pausen zum Keksekaufen kommen.
Momentan gebe ich jeden Freitag, wenn ich Zeit habe, Sportunterricht. Mal der zweiten Klasse, mal der Dritten oder der Vierten. Das macht echt Spass, da die Schueler hochmotiviert sind und einen ausgepraegten Kampfgeist haben. In der letzten Stunde habe ich versucht Klasse 3 und 4 den Staffellauf beizubringen. Es hat etliche Versuche gedauert bis sie es verstanden hatten, dass immer nur einer aus dem Team laeuft und nicht alle gleichzeitig das Feld kreuzen. Dank der Trillerpfeife, die Sir James mir zuvor gekauft hat, war es allerdings garnicht allzu schwierig zu Wort zu kommen. Nach einigen Erklaerungsversuchen und Wiederholungen gab es dann auch endlich ein Gewinnerteam und viele jubelnde Kinder mit lachenden Gesichtern.
Jeden Nachmittag, nachdem alle Kinder im Bus sitzen oder bereits zuhause sind, helfe ich Sanctuary zwei Stunden lang(!) mit seinen Hausaufgaben und gebe ihm Nachhilfeunterricht in Englisch oder was sonst so ansteht. Der Schwerpunkt liegt auf Uebungen zur Aussprache, zum Buchstabieren und zum Schreiben. Abends besuche ich dann immer meine liebe Gastfamilie in ihren vier Waenden und helfe Suzzy (der Zweitjuengsten)dabei das ABC und Zahlen schreiben zu lernen oder Lavenda (der Zweitaeltesten) beim Rechnen.
So ganz bleibt das Unterrichten also garnicht aus, wenn man das mal so betrachtet hihi.
In der letzten Woche bekam ich dann einen grossen Eindruck von Madame Esthees Arbeit. Da die Mama der ”Kuechenhilfe” Madame Hanna gestorben war, blieb sie eine Woche lang zuhause und Madame Esthee bat mich um Hilfe in der Kueche. Ich half beim Kochen von Reis - es gibt hier jeden Tag Reis in verschiedensten Variationen, da es das einzige Essen ist, was alle Kinder moegen und alleine essen koennen. Ausserdem durfte ich das Essen ausschenken und dann beim Spuelen von 300 Schuesseln und Loeffeln und einigen Toepfen helfen - alles per Hand versteht sich. Die Woche hat aber echt viel Spass gemacht und ich wuerde jeder Zeit wieder ”JA” sagen, wenn Madame Esthee mich um Hilfe bittet.
So, ich komme dann mal zum Ende meines Berichtes, der schon wieder viel laenger als erwartet und geplant geworden ist. Als Fazit kann ich sagen, dass ich mich noch immer auf jeden Tag hier in der Schule und auf die Kinder freue, die wirklich super schnuckelig und bezaubernd sind. Das ist doch ein gutes Zeichen, nicht wahr?
Ich fuehle mich hier mehr als wohl und denke das habe ich hauptsaechlich meiner lieben Gastfamilie zu verdanken!
Charmante Gruesse im ersten original ghanaischen Kleid sendet Madame Luca
(so werde ich hier von allen Schulkindern genannt. Klingt spitze, nicht wahr? Ich finde, dass koennte ich bestens in Deutschland uebernehmen hihi)
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